Schön war’s! Expertise, Unterhaltung und Zuversicht beim Fachkongress Inklusion
28. November 2025
Unter dem Leitmotiv „Vielfalt als Chance? Chancen für Vielfalt!“ hat der Landesverband am 25. November 2025 zum Fachkongress Inklusion in den Stuttgarter Hospitalhof eingeladen – und damit ein Thema auf die Agenda gesetzt, das die Kita-Landschaft wie kaum ein anderes bewegt. Mehr als 500 Teilnehmende, überwiegend aus den Mitgliedseinrichtungen des Verbandes, kamen zusammen. Die große Nachfrage zeigte: Inklusion ist im frühkindlichen Bereich dringlicher denn je – und der Kongress bot Raum für Orientierung, Austausch und neue Perspektiven.
Auftakt: „Positive Aufbruchstimmung“ als Ziel
Moderator Felix Gaudo, bekannt als Comedian, Speaker und fachlicher Leiter der Stiftung „Humor hilft heilen“, eröffnete den Tag mit einem klaren Anspruch: „Wir wollen gemeinsam eine positive Aufbruchstimmung erzeugen – und euch mit neuem Wissen, spannenden Impulsen und Ideen für euren Kita-Alltag stärken.“
Mit seiner humorvollen, zugleich wertschätzenden Moderation gelang es Gaudo, die Programmpunkte immer wieder mit dem Motto zu verknüpfen, den Zuhörenden Mut zu machen und eine entspannte und fröhliche Stimmung zu erzeugen: Humor, so vermittelte Gaudo auch anhand praktischer Übungen wie der „fliegenden Wurst“, ist nicht nur heilsam, sondern auch ein wirkungsvolles Werkzeug im Umgang mit schwierigen Alltagssituationen.
„Inklusion ist mittlerweile für uns alle Alltag – und ich möchte behaupten: auch von uns allen gewollt und befördert“, wie Kristina Reisinger, Vorstand Finanzen und Verwaltung, in ihrem Grußwort betonte. Doch sie im Alltag tatsächlich zu verankern und zu leben, bringe uns immer wieder an politische oder finanzielle Grenzen, so Reisinger weiter. Wolf-Dieter Korek, Vorstand Strategie, Entwicklung, Pädagogik, formulierte den Anspruch, „nicht nur Kinder mit der Diagnose einer Behinderung einzubinden, sondern alle Kinder und Familien, die uns in irgendeiner Weise herausfordern“.
Ziele formulieren: Das Wohl der Kinder als gemeinsamer Nenner
Im von Felix Gaudo moderierten Grußwortinterview benannten die Befragten – allesamt wichtige Stakeholder unseres Landesverbands – die aus Sicht ihrer Profession wesentlichen Ziele und Forderungen von Inklusion. Jana Ellwanger, stellvertretende Leiterin des Referats Frühkindliche Bildung im Kultusministerium, formulierte das Ziel aus bildungspolitischer Sicht: „Das Land möchte allen Kindern eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe und Entwicklung ermöglichen. Dabei ist die Kita ein Ort der Vielfalt ohne Ausgrenzung und Diskriminierung, in dem Unterschiedlichkeit anerkannt und positiv gelebt wird.“ Dass jeder Mensch und damit natürlich auch jedes Kind „die gleiche Würde, die gleichen Rechte und die gleiche Liebenswürdigkeit hat, ungeachtet seiner Fähigkeiten und Grenzen“, betonte Markus Vogt als Vertreter der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Gleichzeitig gab Vogt zu bedenken, dass eine Diagnose nicht jedes Problem löse, sondern für Kinder auch die Gefahr bestünde, gerade aufgrund dieser Diagnose „abgestempelt“ zu werden – eine Einschätzung, die im Laufe des Fachkongresses wiederholt geäußert wurde. Die Bedeutung der Inklusion von Anfang an unterstrich die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung, Nora Welsch: „Wenn Inklusion in der frühkindlichen Bildung nicht funktioniert, dann ist das der Beginn einer lebenslangen Exklusionskette.“
Theologie, Ethik und die Frage: „Nur dabei oder mittendrin?“
Einen fundierten inhaltlichen Einstieg bot Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl. In seinen „Anmerkungen aus theologisch-ethischer Perspektive“ beleuchtete er, warum der international geprägte Begriff Inklusion zu einem „Signalwort mit hoher moralischer Aufladung“ geworden ist. Anschaulich zeigte er auf, dass es einen erheblichen Unterschied mache, ob Kinder lediglich „dabei“ oder wirklich „mittendrin“ seien. Dabei erinnerte er an das „absolute Primat des Kindeswohls“ – und daran, dass jedes Kind ein Recht auf Freiheit und Entwicklung besitzt. Sein Vortrag endete mit einem hoffnungsvollen Ausblick. Den Link zum Download des Vortrags finden Sie am Ende des Beitrags.
„Von der Ohnmacht zur Handlungskompetenz“ – Autismus im Fokus
Wie sich Gefühle der Ohnmacht gegenüber herausforderndem Verhalten in professionelle Handlungskompetenz verwandeln lassen, erläuterte der Sozialpädagoge und Autismus-Experte Klaus Kokemoor.
Kinder, die als herausfordernd wahrgenommen werden, lösten häufig Hilflosigkeit aus, so Kokemoor. Doch das Bild, das Pädagoginnen und Pädagogen in solchen Momenten vom Kind hätten, verdecke oft die eigentlichen Ursachen. Mit eindrucksvollen Fallbeispielen zeigte er Wege auf, Kinder besser zu verstehen – und zu begleiten.
Die Resonanz auf beide Vorträge war sehr positiv. Beide Hauptredner haben einen guten Bogen geschlagen – von der theologischen Grundlage hin zur praktischen Umsetzung in der Praxis, so war von den Teilnehmenden vielfach zu hören. Für viele pädagogische Fachkräfte war spürbar: Hier ging es um ihre alltäglichen Herausforderungen.
Workshops: Vielfältige Zugänge zur Inklusion
Felix Gaudo zeigte in seinem eigenen Workshop, wie Humor Bindung, Begeisterung und Selbstbewusstsein fördern kann. Sieben weitere Workshops boten praxisnahe Einblicke in unterschiedliche Facetten der frühkindlichen Inklusion – vom pädagogischen Ansatz bis hin zu politischen Rahmenbedingungen.
Die Handouts stehen zum Download bereit.
Podiumsdiskussion: Was muss Politik leisten?
Zum Abschluss richtete sich der Blick auf die großen Linien: „Vielfalt in der Kita – wie geht das in der Praxis?“
Vertreterinnen und Vertreter aus Kita, Kirche, Verwaltung und Verband diskutierten, wie gute Inklusion gelingen kann – und wo die Rahmenbedingungen bis heute fehlen.
Der Landesverband machte dabei klar, was es braucht, um die Arbeit der 530 Mitglieder, 1200 Einrichtungen, 15.000 Mitarbeitenden und 62.000 Kinder zu stärken. Die zentralen Forderungen:
„Inklusion ganzheitlich denken“
Wolf-Dieter Korek, Vorstand Strategie, Entwicklung, Pädagogik, brachte das Selbstverständnis des Landesverbands auf den Punkt:
„Wir müssen Inklusion ganzheitlich sehen und leben. Angebote wie der Fachdienst Sprache oder der mobile Fachdienst Inklusion unterstützen einzelne Aspekte davon. Unser Ziel ist, diese Fördermaßnahmen zu einem Gesamtkonzept zum Wohle der Kinder weiterzuentwickeln – und in unseren Kitas umzusetzen.“
Hierzu hat der Landesverband mit seinem Fachkongress Inklusion „Vielfalt als Chance? Chancen für Vielfalt!“ seinen Beitrag geleistet und – so der Eindruck auf der Veranstaltung –eine neue Aufbruchstimmung in der Kita-Landschaft entfacht, die eine Besucherin so ausdrückte: „Das war so eine tolle Veranstaltung, eine richtige Bereicherung für uns Teilnehmende!“
Info: Die Vortrags- und Workshopunterlagen zum Download finden Sie auf lvkita.de/fachkongress-inklusion.